(u) In Beuel rumort es weiterhin wegen der Einführung des neuen Parkraumkonzepts. Während die Ausschreibung für die Aufstellung der Schilder bereits gelaufen ist, entstehen immer wieder neue Theorien; Gerüchte und Vermutungen machen die Runde. Wir versuchen eine kleine Übersicht zu geben und zur Klärung beizutragen.
Grundsätzlich ist es immer das Beste sich über die Primärquellen zu informieren. Der Beschluss in der Bezirksvertretung und das Konzept ist hier nachzulesen:
Darauf basierend erfolgte weitere Berichterstattung
- Bonn.de – Parkraumkonzept Beuel-Mitte.
- General Anzeiger – Bezirksvertretung beschließt neues Parkraumkonzept für Beuel-Mitte, 14.03.2025
- und andere…
Thesen und Gerüchte
Behauptung: „Bewirtschaftung 8-20h, jeden Tag“
> die Zeiten sind noch nicht beschlossen, aktuelle Tendenz 8-20h, Mo-Sa, soweit es uns bekannt ist (Stand 23.8.25)
Behauptung: „Angestellte vom Krankenhaus, Praxen, Kita, Geschäften dürfen in Beuel nicht mehr parken“
> Da nur Bewohner die Bewohnerausweise erhalten gilt: Angestellte dürfen weiterhin parken, müssen aber 12€ am Tag zahlen, wenn sie im bewirtschafteten Gebiet auf der Straße parken
Behauptung: „Die Messdaten sind nicht repräsentativ.“
> Laut Konzept PDF aus dem Beschluss wurden die Kennzeichen der Fahrzeuge pro Straßenabschnitt an einem einzelnen Wochentag im April in einem Zeitfenster von 17 Stunden, mit insgesamt 7 Messungen erfasst. Je nach dem wie lange ein Fahrzeug auf dem selben Parkplatz stand wurde es unterschiedlichen Nutzergruppen zugeordnet.
> Hat hier jemand noch mehr Informationen? Aus dem Konzept geht nichts weiter hervor, was sehr verwundert. Die Frage wie man aus 17 Stunden die anderen 8743 Stunden hochrechnen kann, mit allen Wetterlagen, Ferien, Wochenenden etc. wird im Konzept nicht beantwortet. Infos gerne an:
thema-parken@beuel.net – eine Anfrage an die Stadt über ein Mitglied des Ausschusses für Mobilität läuft bereits (danke für die Unterstützung).
Behauptung: „Betriebe im Gebiet dürfen ihre Dienstfahrzeuge nicht mehr auf der Straße parken, wenn sie keinen eigenen Parkplatz haben“
> Wäre nach dem Konzept genau so gekommen. Hier gab es jedoch einen interfraktionellen Antrag zur Schaffung einer Härtefallregelung für Dienstwagen der Betriebe, die keinen eigenen Betriebshof haben, der einstimmig beschlossen wurde [ga.de]. Die Ausgestaltung steht noch aus.
Behauptung: „Das Parken auf der Straße wird für Anwohner 1800 € in der nächsten Legislaturperiode kosten“
> Ein Bewohnerparkausweis kostet aktuell 360 € pro Jahr in Bonn [bonn.de]
> die Legislaturperiode dauert 5 Jahre
> 5 x 360 € = 1800 €, mathematisch richtig, 360 € pro Jahr ist der aktuelle Satz
Behauptung: „Besucher dürfen nachts nicht parken“
> Außerhalb der Bewirtschaftungszeit ist das Parken für alle kostenfrei, auch für Besucher (!) Da die Zeiten noch nicht beschlossen sind, besteht hier eine gewisse Unsicherheit. Es ist jedoch aktuell zu erwarten, dass keine 24/7 Bewirtschaftung erfolgen wird.
Behauptung: „Es werden über 600 neue Schilder in Beuel aufgestellt.“
> genau genommen sind es laut Ausschreibung 684 Schilder. Nicht jedes Schild bekommt einen eigenen Pfosten [Ausschreibung]
Behauptung: „Die Parkhäuser wurden nicht berücksichtigt“
> das Parkhaus unter dem Rathaus und unter dem Brückenforum wurden berücksichtigt. Das Parkhaus unter dem REWE mit rund 55 Stellplätzen, und das Parkhaus an der Volksbank / Aldi mit rund 130 Stellplätzen jedoch nicht. Also ist die Behauptung anscheinend teilweise falsch und teilweise richtig.
Behauptung: „Parkautomaten werden auch im Hochwassergebiet aufgestellt“
> korrekt, bei Pegeln über 950 cm wird das Gebiet zwischen Rheinaustraße und Hermannstraße überflutet. Dort werden auch Automaten stehen. Der höchste Pegel in jüngerer Vergangenheit waren 827 cm im Jahr 2021. Bei den Jahrhunderthochwassern von 1993 und 1995 lag er bei bei über 1000 cm. Auf Nachfrage bei den örtlichen Katastrophenschützern ist zu erwarten, dass die Automaten wie die Straßenlaternen auch „abgeklemmt“ werde bevor das Wasser kommt.
Was ist das Ziel der Maßnahme?
Der Beschluss folgt der Gesamtstädtischen Parkraumstrategie. Diese soll laut Bonn.de [1. September 2025] (weicht von den Zielen des Beschlusses ab):
Im Mittelpunkt der konkreten Planungen für diejenigen Viertel, in denen ein hoher Parkdruck nachgewiesen ist, stehen folgende Ziele:
- Reservierung von Parkraum in öffentlichen Straßen für Anwohner*innen gegenüber Auswärtigen
- Reduzierung des Parkdrucks in innerstädtischen Quartieren
Reduktion innerstädtischer Verkehre, insbesondere von Parksuchverkehr
- Umwidmung von Flächen für alternative Verkehrsträger und Mobilitätsangebote (Fahrradwege, breitere Gehwege, Mobilstationen, Car-Sharing, etc.)
- Revitalisierung von innerstädtischen Quartieren durch eine höhere Aufenthaltsqualität und Umwandlung von Parkplätzen zur innerstädtischen Begrünung sowie anderen Nutzungsmöglichkeiten (zum Beispiel Gastronomie)
- Ausbau digitaler Angebote, etwa hinsichtlich bargeldlosen Zahlvorgängen oder Parkleitsystemen
Ein wichtiger Aspekt bei allen Planungen ist eine Mindest-Gehwegbreite von 1,50 Metern, damit alle Verkehrsteilnehmenden – etwa auch Menschen im Rollstuhl oder mit Kinderwagen sich gut fortbewegen können. Bei Neuplanungen müssen sogar mindestens 2,50 Meter hergestellt werden.
In dem original Beschluss laut ALLRIS steht das nicht ganz so. Von Reservierung von Parkplätzen wird nicht gesprochen, nur von Priorisierung, womit die Chance trotz Bewoherausweis einen Parkplatz zu finden geringer ist.
Meinung: Wo gibt es Verbesserungspotential und potenzielle Benachteiligungen?
Die Idee die Parksituation für Anwohner zu verbessern ist grundsätzlich ein hehres Ziel. Auch ist es gut die Gehwege gut passierbar zu machen für alle Menschen. Die Vorteile des Konzepts werden umfassend in diesem und auf den Webseiten der Stadt beschrieben. Wir konzentrieren uns in diesem Meinungsabschnitt auf mögliche kritische Punkte.
Leider verpasst man im Konzept wohlwollend zu schauen wo störungsfreie Parkmöglichkeiten legalisiert werden können. Das Untersuchungsgebiet ist viel zu heterogen, um über all die gleichen Maßstäbe anzusetzen. Plätze zum Verweilen sind sicherlich interessanter in urbanerem Umfeld, als in direkter Rheinlage, wo durch die Promenade schon eine hervorragende Möglichkeit des Verweilens besteht. Die Autorenschaft beobachtet im Umfeld wie Mitarbeitende gut integrierter Unternehmen im Wohngebiet ideal öffentliche Parkplätze über Tag nutzen und diese wieder freigeben bevor die Anwohner von der Arbeit kommen. Was spricht dagegen?
Durch den Wegfall von Parkplätzen im Sinne der Herstellung von Gehwegbreiten, ist die Anforderung an die Steuerung des Parkens zu dem ungemein größer, um dem Ziel einer Verbesserung für die Anwohner wie selbst formuliert überhaupt gerecht zu werden.
Als Argument wird auch aufgeführt, dass mehr Parkvorgänge in die (beiden) Parkhäuser verlagert werden könnten durch das Parkraumkonzept. Dies setzt voraus, dass die Betreiber die Preise nicht anheben. Werden diese angeglichen ist der Effekt dahin. Dass die Stadt keinen Einfluss auf die Preisgestaltung hat wurde jüngst erst deutlich, als der Betreiber des Parkhauses unter dem Rathaus die Preise angezogen hat während die Erprobung der Friedrich-Breuer-Straße noch lief.
Im untersuchten Zeitraum von 17 Stunden wird besonders die Zeit um 11:00 als Spitzenzeit hervorgehoben und breit diskutiert. Unklar bleibt, ob zu diesem Zeitpunkt überhaupt ein höherer Bedarf von Parkplätzen für Anwohner besteht und die Steuerungsmöglichkeit des Bewohnerparkens überhaupt zielführend ist. Wie man aus 17 Stunden auf ein ganzes Jahr schließen kann bleibt vorerst ein Rätsel.
Das Vergabesystem für Parkausweise sieht vor, dass pro Halter mit Meldeadresse im Gebiet wenn kein eigener Stellplatz vorhanden ist maximal 1 Bewohnerparkausweis beantragt werden kann. In diesem wird das Kennzeichen eingetragen. Eine Änderung ist kostenpflichtig.
Wer erhält keinen Ausweis?
1) Anwohner mit wechselnden Fahrzeugen:
– Bewohner mit Dienstwagen, die im Sinne eines Flottenmanagements geführt werden und rollieren, so dass man nicht immer ein Fahrzeug mit dem gleichen Kennzeichen hat sondern aus einem großen Pool eins erhält, was sich durchaus wochenweise ändern kann. Es können auf Antrag mehrere Kennzeichen eingetragen werden, jedoch müssen diese also bereits bei Antragsstellung bekannt sein. Ein Wildcard Format ist uns nicht bekannt.
– Bewohner, die sich Autos mieten oder von Freunden leihen
2) Fachkräfte, Partner und Besucher
– Angestellte, die in Kita und Krankenhaus, Arztpraxis, Physiotherapie etc. arbeiten, um den Beuelern eine gute Nahversorgung zu garantieren
– Menschen, die mit ihrer Partnerperson nur tageweise zusammenleben und keine Meldeadresse haben, bekommen keinen Bewohnerausweise.
– Besucher von Anwohnern werden zukünftig stets die Uhr im Auge haben und müssen für jeden Besuch in der Bewirtschaftungszeit zahlen.
Mittelbare Risiken
– Mehr Mietinteressent für private Stellplätze besonders durch Geschäftstleute und Mitarbeiter (Kalkulatorisch müssten sie ja sonst 12€ am Tag also 240€ pro Monat zahlen, respektive 2760 € pro Jahr)
– Die Mieten für Stellplätze werden steigen
– Steigende Preise in den Geschäften
– Noch höherer Druck eine Wohnung / Meldeadresse im Gebiet zu ergattern, wodurch die Mieten insgesamt weiter steigen werden
– Kündigungen, da sich das Pendeln nicht mehr rentiert
– Fehlende Fachkräfte in den Einrichtungen
– Weniger Nutzung von Lastenrädern: diese mitunter teuren Gefährte dürfen seit der Satzungsänderung in Garagen geparkt werden. Menschen haben begonnen ihr Fahrzeug auf der Straße zu parken, um eine sichere Unterbringung für die Nacht zu finden. Hier entsteht ein Interessenkonflikt.
– Menschen, die auf das Auto angewiesen sind unterhalb der Schwelle eines Behindertenparkausweises werden zusätzlich zur Kasse gebeten
Beantragung der Bewohnerparkausweise
– laut Webseite dauert die Bearbeitung eines Antrags 12 Wochen
– kurzfristig auf geänderte Lebenssituationen zu reagieren wird damit erschwert
Soweit ein aktuelles Meinungsbild mit Impulsen zur Verbesserung. Wie genau diese ausgestaltet werden können ist noch zu erarbeiten. Insgesamt bleibt es ein Politikum, und das immer währende Abwägen zwischen unterschiedlichen berechtigten Interessen der Bevölkerung.
Gerade dieser Diskurs und die Bereitschaft zu Kompromissen macht Politik so spanned und lebendig. Ganz klar, weder ist alles falsch noch alles richtig. Die Zwischentöne sind das, was das Leben und das Zusammenleben ausmacht.
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