Hochwasser

  • Stegebau bei Hochwasser ist Vergangenheit

    Bei Hochwasser wurde von der Stadt Bonn respektive dem THW bei anstehenden Überflutungen Stege auf den Bürgersteigen in rheinnahen Bereichen des Beueler Stadtbezirks errichtet. Diese bestanden im Wesentlichen aus Gerüsten, wie sie auch von Baustellen an Hausfassaden bekannt sind.

    Ziel war es damit Anwohnern und Rettungskräften einen Zugang zu Ihren Häusern auch bei Hochwasser zu ermöglichen. Um die Straßen für Boote freizuhalten wurden keine Brücken zu den gegenüberliegenden Straßenseiten errichtet. Das Übersetzen erfolgte dann durch Pendelverkehr von Booten der Hilfsorganisationen. Den letzten Meter bis zur Haustür mussten die Eigentümer selbst bereitstellen. Bis heute haben die Häuser häufig in der ersten Etage eine weitere Eingangstür, die genutzt wurde wenn das Erdgeschoss bereits unter Wasser stand. Touristen sind immer wieder erstaunt wenn sie beispielsweise durch die Rheinaustraße gehen ob dieser baulichen Besonderheit.

    Bis vor einigen Jahren fanden sich dazu zahlreiche Informationen im Web-Angebot der Stadt Bonn, mit detaillierten Karten über die Verläufe der Stege.

    Wie wir feststellten waren diese nach der Aktualisierung der Webseite, spätestens jedoch im Jahr 2021 nicht mehr auffindbar. In einer Pressemitteilung wurde dann im Oktober 2023 die Bevölkerung darüber informiert [GA], dass der Stegebau nicht mehr erfolgen wird. Stattdessen soll es Evakuierungen der betroffenen Gebiete geben.

  • Bonner Pegel und seine Messung

    Der Bonner Pegel wird im Pegelhaus am Brassertufer (map) im Rahmen der Zuständigkeit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) durch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein (WSA Rhein) kontinuierlich automatisiert gemessen. Die Daten dieser Messung stellt die WSV auf ihrer Webseite direkt zur Verfügung über die Portale:

    • Elektronischer Wasserstraßen-Informationsservice (ELWIS)
    • Pegelonline (tagesaktuelle Rohwerte unterschiedlicher gewässerkundlicher Parameter)

    Interessant zu wissen: die anderen Portale wie etwa pegel.bonn.de oder die Hochwasservorhersagezentrale Rheinland-Pfalz (hochwasser.rlp.de) beziehen ihre Daten für Bonn alle von der WSV und damit von derselben Pegelmesseinrichtung im Pegelhaus Bonn. Das wird insbesondere dann deutlich wenn Messfehler auftreten. Dann kann man beobachten wie diese in die nachfolgenden Systeme propagiert werden.

    Neben der komfortablen digitalen Messung finden sich im Stadtgebiet auch „klassische“ Pegellatten mit aufgedruckten Markierungen der Höhe. So zum Beispiel:

    • am Brassertufer direkt am Pegelhaus, GPS: 50.73629, 7.10795 (map)
    • in der Verlängerung der Josefstraße im Bereich des Anlegers der Feuerwehr unterhalb des Dorint Hotels, GPS: 50.73869, 7.10727 (map)
    • in Beuel an der Südseite der Schutzwand an der Rheinlust, GPS: 50.73800, 7.11371 (erst ab höheren Pegeln) (map)
    • in Beuel der oben beschriebene Beueler Bürgerpegel am Nepomuk-Platz, GPS: 50.73327, 7.11520 (erst ab 730 cm) (map)

    Zeitweise wurde von der Uni-Bonn im Rahmen eines Projektes der Pegel mit einem Satelliten gestützten Verfahren für Bonn gemessen [UB1]. Diese Messeinrichtung ist derzeit jedoch leider nicht mehr in Betrieb, was auf den Neubau der Anlegeranlage zurückzuführen ist.

    Im Rahmen des Hochwassers am 05.01.2024 wurde eine stichprobenartige Vergleichsmessung durchgeführt. Dazu wurden alle drei zu diesem Zeitpunkt aktiven Pegellatten innerhalb von 10 Minuten abgelesen. Dies sind die Ergebnisse dieser Stichprobe:

    Abbildung der drei Pegellatten, Beueler Bürgerpegel, Feuerwehr Bonn, Pegelhaus Bonn, vom 05.01.2024 zwischen 10:19 und 10:29.

    PegellatteUhrzeitWert [cm]
    Beueler Bürgerpegel10:19750
    Feuerwehr Bonn10:27766
    Pegelhaus Brassertufer10:29763
    pegelonline / WSV10:15761
    pegelonline / WSV10:30762

    Die Stichprobe wirft Fragen auf, die es in Zukunft zu klären gilt. Nach unserem Verständnis sollten alle Pegelwerte im Rahmen der Messungenauigkeit gleich sein.

    Wie ist der Bonner Pegel definiert?

    Sammeln wir zunächst weitere grundlegende Informationen zum Pegel und der Bedeutung. Auf dem Portal der Stadt Bonn: pegel.bonn.de kann der aktuelle Pegel abgerufen werden. Diesen bezieht die Stadt (Stand 2023) auch vom WSV, betreibt also keinen eigenen Pegel. Darüber hinaus wird auch eine Höhenangabe geliefert (siehe Abbildung), mit der der aktuelle Pegel auf eine Höhe übertragen wird. Beispielsweise: „05.01.2024 14:00 Uhr 766 cm entspricht 50.32 m über NN“. Daraus lässt sich der Pegelnullpunkt gemäß Stadt Bonn ableiten:

    50,32 - 7,66 m = 42,66 m über NN (DHHN12)

    Heute üblich ist das DHHN2016 System, das die Zwischenlösung des DHHN92 abgelöst hat. Wir können mit den Hoetra Tools für die Referenzkoordinate des Pegelhauses entsprechend umrechnen:

    42,66 m + 0,035 m + 0,023 m = 42,718 m (DHHN2016)

    Dies deckt sich mit der vom WSV angegebenen DHHN2016 Höhe von 42,713 m, die seit dem 1. November 2019 gilt. In den folgenden Betrachtungen gilt es das Bezugssystem der Werte korrekt zu berücksichtigen.

    Rheingefälle – wie hoch liegt mein Nullpunkt?

    Möchte man die Höhe des Wasserstandes bezogen auf Bonner Landflächen berechnen gilt es einen der oben genannten Pegelnullpunkte zu wählen. Jedoch muss mit zunehmendem Abstand zum Pegelhaus auch die Höhendifferenz des Fließgewässers beachtet werden. Von Konstanz/Bodensee bis in die Nordsee überwindet der Rhein einen Höhenunterschied von rund 405 m. Anhaltswerte für das Gefälle im Bereich Bonn bietet stadtplan.bonn.de, speziell die Hintergrundkarte „Hochwasser Rhein 10m“. Diese gibt Höhenwerte für den Rhein bei einem 10,00 m Hochwasser (Bonner Pegel) entlang des Rheinufers an. Das Pegelhaus liegt auf der Trennlinie zwischen 52,64 m und 52,75 m über NHN, per Definition ist es bei 52,713 m über NHN zu finden, was schlüssig erscheint.

    Anmerkung: Bedauerlicherweise wurde die Karte Mitte Juli 2025 aus dem Web-Angebot der Stadt Bonn entfernt. Ob und wann sie wieder online geht bleibt abzuwarten. Glücklicherweise haben wir noch einen Screenshot von 2024 in unserer Sammlung, um die Herleitung der Information zu veranschaulichen:

    Hochwasser Rhein 10m (Bonner Pegel): Hochwasserkarte bei einem Rheinpegel von 10m mit Visualisierung der Hochwassersektorenlinien und den jeweiligen Höhen. Abgerufen von stadtplan.bonn.de im Januar 2024.

    Gerinnehydraulik des Rheins

    Neben dem Gefälle also der Neigung ist gemäß Gerinnehydraulik das Verhalten des Wasserspiegels im Bereich von Krümmungen zu berücksichtigen. Grundsätzlich erfährt ein Gerinne vor einer Krümmung oder Kurve eine gewisse Stauung. In der Krümmung selbst ist der Wasserspiegel an der bogeninneren Seite niedriger als an der bogenäußeren Seite. Auf das Verhalten von Primär- und Sekundärströmungen gehen wir nicht im Detail ein, sondern betrachten nur die daraus resultierenden Effekte.

    Für den Vergleich zwischen Bonner Pegel und Beueler Bürgerpegel ist festzustellen, dass sich der Bonner Pegel genau am Ende der Außenseite einer Krümmung befindet, während der Beueler Bürgerpegel im letzten Siebtel derselben Krümmung innenseitig liegt.

    Näherungsweise kann die Krümmung mit einem Bogenradius von 1100m innen, und 1274m außen beschrieben werden. Die Krümmung beginnt auf Höhe des Beueler Rheinauen Freizeitparks nördlich der Konrad-Adenauer-Brücke (Südbrücke) und endet auf Höhe des Alten Zolls. Insgesamt ist die Berechnung von Pegelständen in Flussgewässern hochkomplex, da viele Faktoren Einfluss darauf nehmen.

    Kurvenradien des Rheins im Bereich vor dem Bonner Pegel näherungsweise bestimmt. Grafik von Beuel.net, Kartenhintergrund: OpenStreetMap.org

    Pegel Oberwinter, Bonn, Beuel, Köln – kann man die vergleichen?

    Grundsätzlich sind Pegel an verschiedenen Punkten in einem Gewässer nicht ohne Weiteres vergleichbar. Dies ergibt sich neben der beschriebenen Gerinnehydraulik auch aus dem reinen Querprofil des Flussbettes, das ortsabhängig individuell ist. Leicht nachvollziehbar steigt der Pegel beispielsweise schneller an, wenn die gleiche Wassermenge auf eine steile Uferbefestigung trifft. So sind auch die Pegelstände zwischen Städten nicht unmittelbar zu übertragen. Hier spielt auch die zeitliche Verzögerung durch die Distanz sowie Zu- oder Abflüsse von weiteren Gerinnen eine erhebliche Rolle. Ein Interessanter Fall besteht für die Pegel Oberwinter und Bonn. Auf dem rund 16 km Rheinabschnitt von Oberwinter bis Bonn besteht kein kontinuierlicher Zufluss durch einen signifikant großen anderen Fluss. Somit kann die Hypothese aufgestellt werden, dass die Korrelation zwischen den beiden Pegeln näherungsweise bestimmbar ist.

    Von der WSV konnten wir dankenswerterweise Datensätze aus dem Zeitraum 1990-2023 erhalten. X-Y-Abgebildet ergibt die Tagesmittelwerte der beiden Pegel die in der folgenden Grafik gezeigte Korrelation.


    Bis auf wenige Ausreißer, erscheint die Korrelation konstant und wie zu erwarten nicht linear. Mit der Grafik lassen sich näherungsweise Pegel von Oberwinter nach Bonn und umgekehrt „übersetzen“. Beispiel: 600cm Oberwinter entsprechen demnach etwa 700cm Bonn. Dies kann zukünftig für eine Plausibilitätsüberprüfung verwendet werden, um mögliche Messabweichungen markieren zu können.

    Modell B1

    Anlässlich des Messwerteausfalls vom 18.11.2024 14:00 bis 19.11.2024 07:00 als nur noch Null bzw. negative Werte vom WSV gemeldet wurden, haben wir unser Modell B1 zur Berechnung (Version 1) nun aktiviert. Dieses liefert in einem Beta-Test fortan neben der Bonner Pegel Messung seitens des WSVs auch unseren genäherten Wert.

    Modell B2.1 – im Beta Test

    Im Dezember 2024 erhielten wir dankenswerterweise eine große Menge Pegeldaten vom Zeitraum ab 1990 von der WSV. Diese rund 2,35 Millionen Einzelwerte sind in eine Verbesserung des Modells eingeflossen. Mit dem Modell B2.1 setzen wir den Beta-Test nun fort. In medias res – unsere live Berechnung:

    Für den aktuellen Bonner Pegel haben wir einen Wert von 343 cm berechnet (zum Vergleich, die WSV meldet derzeit 342 cm für Bonn).

    Hochwasserschutzmauer 2006

    Die Errichtung der Hochwasserschutzmauer im Bereich vom Restaurant „Canal Grande“ bis Kennedybrücke und in der Verlängerung bis nördlich des Bahnhöfchens hat zu einer erheblichen Entspannung der Situation in Beuel Mitte beigetragen.

    Schaut man in die historischen Daten so stellt man schnell fest, dass Pegel über 800 cm keine Seltenheit waren. Die Schutzmauer ist für Pegel bis 950 cm ausgelegt. Bei genauer Betrachtung der Zeit nach 2006 erblickt man eine Auffälligkeit: bis heute (Mai 2023) gab es glücklicherweise kein Hochwasser mehr, das die Mauer auf Herz und Nieren geprüft oder sogar übertroffen hat.

    Der höchste Pegel seit Fertigstellung war am 7. Februar 2021 mit 827 cm zu verzeichnen. Das THW hatte bereits die Dammtore eingesetzt und geschlossen. Diese hielten ausnahmslos dicht.

    In Gesprächen mit der Nachbarschaft wurde jedoch etwas deutlich: keiner konnte aus Erfahrung sagen was zwischen 827 cm und 950 cm genau passieren wird, insbesondere in Bezug auf die Folgen des erhöhten Grundwasserspiegels und mit welcher Verzögerung er steigt.

    Vor 2006 hatte das ungebremste Oberflächenwasser die Bedeutung des Grundwasserspiegels in den Hintergrund gerückt, da die Überflutungen immanent waren. Nicht wenige Häuser, beispielsweise auf der Rheinaustraße, haben Grundplatten, die unterhalb der 827 cm Pegel liegen. Dass der Rhein auch Auswirkungen auf die Gebiete hinter der Schutzmauer hat ohne, dass er sie dazu überspülen muss, steht außer Frage. Das haben vereinzelte vollgelaufene Gartenflächen 2021, und die weiterhin volllaufenden alten unter Straßenniveau befindlichen Keller bereits bewiesen.

    In dieser Grafik haben wir die Pegelwerte von 1990 bis 2023 pro Monat mit dem jeweiligen Maximum aufgetragen. Ab 2006 ist auch die Hochwasserschutzmauer in rot eingetragen, mit ihrem Orientierungswert von 950 cm.

    In Zukunft wird man bei Pegeln über 827 cm also darauf weiter ein Auge werfen müssen und wie gehabt stündlich in den Keller steigen, um zu sehen welche Auswirkungen es gibt.

    Wie schnell kann der Rhein steigen?

    Eine Frage, die die Maßgaben des vorausschauenden Handelns massiv beeinflusst ist die Frage, wie schnell der Rhein steigen kann. So manches mal ging man am Rhein spazieren und war überrascht ob der Höhe des Pegels im Vergleich zum Vortag. Für diese Betrachtung nutzen wir die Pegeldaten der WSV von 1990 bis 2024 und betrachten die Veränderungen des Bonner Pegels innerhalb von 24h, also eines Tages.

    Größter Pegelsprung innerhalb eines Tages: +313 cm !

    Dort findet sich ein klarer Spitzenreiter: am 23. Januar 1995 befand sich um Mitternacht der Pegel wie in den Tagen zuvor auch in einem Bereich von unter 400 cm, also im gewöhnlichen Bereich ohne Überflutungen. Beginnend in der Nacht stieg er dann rapide an und sprang von 383 cm auf 696 cm. Das entspricht einer Steigerung um 313 cm innerhalb von 24 Stunden. Im Schnitt bedeutet das eine Steigrate von rund 13 cm pro Stunde.

    Die folgende Grafik veranschaulicht dies mit 7 Tagen Vor- und Nachlauf:

    In den Folgetagen pendelte der Pegel kurz im Bereich knapp unter 800 cm. Schlussendlich stieg er jedoch weiter und es folgte das Jahrhunderthochwasser von 1995 mit einem Höchststand von 1006 cm .

    Festzuhalten ist, dass die Dynamik des Rheinpegels nicht zu unterschätzen ist. Im Zweifel kann sehr schnelles Handeln erforderlich sein.

    Fortsetzung folgt …

    Alle Angaben ohne Gewähr. Bitte beachtet immer die offiziellen Kanäle, zu denen dieser hier nicht zählt.

  • Pegelschnitt als Bild

    für den aktuellen Rheinpegel sehen die Auswirkungen in etwa wie folgt aus:

  • Pegelstände und ihre Auswirkungen

    Bei steigendem Pegel ist mit Überflutungen zu rechnen. Die folgende Tabelle gibt eine kleine Übersicht dazu für den Bereich Beuel-Mitte:

    Pegel in cmAuswirkung
    950Überflutung des Hochwasserdamms. Schlagartig wird das Wasser die Rheinaustraße in Beuel-Mitte überfluten und sofort 130 cm über der Fahrbahn stehen. Akute Lebensgefahr!
    850Fuße der Dammtore erreicht. Diese werden nur bei Bedarf vom THW eingesetzt und vervollständigen die Mauer. In der schematischen Darstellung sind sie rot markiert.
    820Ohne den Damm von 2006 wäre die Rheinaustraße nun bereits überflutet. Grundwasser beobachten!
    760*Hochwassermarke 2 – Schiffsverkehr eingestellt
    700Promenade wird überspült. Hans-Steger-Ufer und Nepomuk-Platz.
    570*Hochwassermarke 1 – Schiffsverkehr verlangsamt

    Alle Angaben ohne Gewähr. Bitte beachtet immer die offiziellen Kanäle, zu denen dieser hier nicht zählt. Info * die Bestimmung der Hochwassermarken 1 und 2 für Bonn erfolgt anhand des Pegels in Oberwinter. Die Pegelwerte sind näherungsweise übersetzte Werte.

  • Rheinpegel Bonn

    Der aktuelle Rheinpegel für Bonn beträgt 247 cm.

    Vor einer Stunde 248 cm (also +0 cm)
    vor    24 Stunden 242 cm (also +6 cm)